Eine Einschätzung zum neuen Landesvorstand der Jungen Alternative Berlin
Der ehemalige Landesvorsitzende der Jungen Alternative (JA) Berlin David Eckert ist nach der Europawahl mit einer “provokanten” These an die Öffentlichkeit gegangen: Den menschengemachten Klimawandel könnte es vielleicht wirklich geben!
Dies sehen aber nicht alle JA’ler so und schnell zerbrach an dieser Aussage der Landesvorstand. Insbesondere die Vorstandsmitglieder Vadim Derksen, Lennart Schneider, Yannic Wendt und Ferdinand Vogel sahen ihre politische Gesinnung damit nicht mehr vertreten und traten von ihren
Posten zurück.
Obwohl damit der Vorstand theoretisch noch handlungsfähig war, entschloss sich der Rest-Vorstand zu einem neuen Landeskongress mit Vorstandswahlen. Dieser wurde am 30.06.2019 im Maestral, einem bekannten AfD-nahen Restaurant in Reinickendorf, ausgerichtet.
Dabei verschoben sich die Machtverhältnisse in der Berliner JA maßgeblich: David Eckert versuchte während seiner Zeit als Landesvorsitzender der JA (November 2017-Juni 2019) trotz rassistischer, nationalistischer und antifeministischer Positionen ein junges und freundliches Erscheinungsbild abzugeben. Auch die Vorstandsmitglieder Talisa Barfuss und Jan Streeck standen für diesen Kurs und lachten bei jeder sich bietenden Gelegenheit in die Kamera. Wichtig ist hierbei zu betonen, dass es sich dabei nicht um „gemäßigte“ inhaltlichen Positionen handelt, sondern lediglich um eine Außendarstellung.
Vor Eckerts Ankunft in Berlin 2017 war die JA stark am Erscheinungsbild burschenschaftlicher Organisationen orientiert, was zum damaligen Vorsitzenden und Burschenschaftler und Alten Herren der Thuringia Thorsten Weiß passte. Weiß ist heutzutage Mitglied im Abgeordnetenhaus und Koordinator des völkisch-nationalistischen Flügels in Berlin.
Auch unter Eckert saßen mit Vadim Derksen, Lennart Schneider und Ferdinand Vogel Vertreter der Burschenschaften im Landesvorstand, entfalteten aber, außer rassistische und nationalistische Parolen am JA-Stammtisch („Feierfreitag“) zu dreschen, kaum Aktivitäten. Nun wurde David Eckert als Vorsitzender abgewählt und mit ihm auch Jan Streeck und Talisa Barfuss.
Vadim Derksen übernimmt den Vorsitz der JA Berlin. Derksen wurde erst im Februar 2019 in den JA-Bundesvorstand gewählt und kommt aus dem burschenschaftlichen Milieu. Er arbeitet für den Bundestagsabgeordneten Stephan Protschka (AfD) und ist Vorsitzender des Vereins „Vertriebene, Aussiedler und deutsche Minderheiten in der AfD“ (VAdM). Dieser Verein setzt sich für „das Recht auf Heimat der Vertriebenen […)]” ein.
Stellvertretender Vorsitzender ist Ferdinand Vogel. Vogel ist verantwortlich für den Blog „Young German“. Dort veröffentlichen er selbst, aber auch eine kleine Anzahl anderer rechter Blogger regelmäßig kurze Texte über aktuelle Nachrichten und kommentieren dies in rassistischer, nationalistischer und antifeministischer Art und Weise. Darüber hat Vogel Kontakt zum Arcadia Magazin, einem Lifestyle Magazin, welches besonders auf eine Vernetzung von AfD, Buschenschaften, Identitären und Neonazis abzielt.
Yannic Wendt wurde erneut zum Schatzmeister gewählt. Der Mathematikstudent an der Freien Universität Berlin (FU) gründete im November 2018 mit Hilfe von Eckert die JA-Hochschulegruppe „Campus Alternative“. Eine Liste zur Wahl des Studienparlaments 2019 konnte Wendt allerdings nicht aufstellen.
Als BeisitzerInnen komplettieren Hanna Kristova und Hassan El-Kassem den Vorstand. Kristova diente in der kroatischen Armee und ist seit dem Sommer 2018 in der JA. Aktiv war sie dort allerdings nicht, sondern trat bisher nur bei der extrem rechten Demonstration „Biker für Deutschland“ 2018 in Erscheinung.
Über El-Kassem ist bisher nur bekannt, dass er erst seit dem Herbst 2018 in der JA Berlin aktiv ist. [Update weiter unten]
Damit ist der Vorstand der JA Berlin von elf Mitgliedern auf fünf geschrumpft. Während Eckert versuchte über einen großen Vorstand verstärkt jüngere Aktivisten [Es gibt in der Berliner JA tatsächlich keine jüngeren Aktivistinnen oder Aktivist*innen] an die Organisation und die kontinuierliche Arbeit heranzuführen, ist der neue Vorstand darauf ausgerichtet, dass die älteren Kader in einem kleinen Kreis die Entscheidungen fällen. Auch das Auftreten der JA hat sich mittlerweile verändert. Versuchte Eckert die JA als offen für neue Aktivisten darzustellen und von jeder Aktion oder jedem Treffen Fotos in den sozialen Medien zu veröffentlichen, gibt es unter Dersken nur eine kurze Pressemitteilung und keine Bilder vom Landeskongress oder dem neuen Vorstand. Auf der Webseite repräsentiert nur er allein mit Foto den Vorstand. Derksen richtet die JA nun wieder an der klassischen Rhetorik der Burschenschaften aus und hat sich von dem Versuch eine massentaugliche JA aufzubauen verabschiedet. Das Ziel von Derksen und seinen MitstreiterInnen ist die JA wieder in eine elitäre Kaderorganisation zu verwandeln.
Update zu Hassan El-Kassem
Zu Hassan El-Kassem ist uns nun doch mehr bekannt geworden. Aufmerksame Leser wiesen uns darauf hin, dass sie diesen Menschen kennen, allerdings aus linken, antiimperialistischen Zusammenhängen. Er war am 1. Mai 2016 Teil eines antisemitisch motivierten Übergriffs am Rande der revolutionären 1. Mai Demo. Hier löste sich ein gewalttätiger Mob, angeführt von einer Aktivistin der PFLP-nahen Gruppe For Palestine (For One state and Return in Palestine), aus dem internationalistischen Block der Demonstration und griff eine drei-köpfige Gruppe wegen eines Israelfähnchens an. Ein Video des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus dokumentiert diesen Übergriff. Dort ist auch zu sehen, wie sich El Kassem in Minute 3:51 für einen Moment die Vermummung aus dem Gesicht zieht, bevor er aus dem Bild verschwindet.
Drei Jahre später ist er nun zur AfD übergewechselt. Er war am Sonntag, den 13.07.2019 Teilnehmer an der Wahlkampfauftaktveranstaltung des völkisch-nationalistischen Flügels der AfD in Cottbus, auf der neben Andreas Kalbitz, Jörg Meuthen und Jörg Urban, Bernd Höcke als Hauptredner auftrat. El-Kassem war an der Seite anderer Mitglieder der Jungen Alternative Berlin zu sehen, darunter das Vorstandsmitglied Yannic Wendt. An der Kundgebung beteiligten sich auch offen erkennbare Neonazis.
Erneut wird deutlich, dass Antisemitismus eine Schnittstelle ins offen rechte Milieu ist. Hier hat ein linker Antisemit den Übergang zu einer rechten antisemitschen Partei vollzogen.
Ein weiteres Video das den Angriff 2016 dokumentiert findet sich auf Youtube
Eine Fotodokumentation hier und hier
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