Warum es keine Antisemitismusbeauftragte von Seiten der AfD braucht, offenbart die von der Partei für den Posten nominierte Beatrix von Storch in diesem Interview mit Christoph Heinemann (Deutschlandfunk/ 31.05.2019) ganz von selbst. Von Instrumentalisierung, Relativierung und Beschönigung bis hin zur Leugnung des Antisemitismus von rechts ist alles dabei. In einer Zeit, in der neonazistische Parteien wie “Die Rechte” mit offenem Vernichtungsantisemitismus Wahlkampf machen, gibt es für Frau von Storch nur muslimisch-islamisch geprägten Antisemitismus. Alles andere nennt sie reine Ablenkung. Darüberhinaus setzt sie sich mit der Inszenierung als Kämpferin gegen den AlQuds und die Hisbollah auf die Arbeit zivilgesellschaftlicher Initiativen und versucht daraus für die AfD Kapital zu schlagen. Warum es wichtig ist, nicht nur auf den Rassismus in der Partei, sondern auch auf den Antisemitismus als Kern rechter Ideologien hinzuweisen, hat Stefan Dietl in einem umfangreichen und anschaulichen Text dargelegt:
“Dass die AfD zutiefst antisemitisch ist, wird kaum beachtet. Dabei ist der Judenhass der gemeinsame Nenner, der die verschiedenen Strömungen der Partei eint.” Antisemitismus in der AfD (06.06.2019) »Adolf, bitte melde dich!
Aus dem Transkript:
Beatrix von Storch im Gespräch mit Christoph Heinemann im Deutschlandfunk, 31.05.2019
“Von Storch (AfD) zum Al-Kuds-Tag „Nichts anderes als ein Aufruf zur Gewalt“
Heinemann: Frau von Storch, dass zu viele Menschen aus dem islamischen Kulturkreis Israel und Juden gegenüber feindlich eingestellt ist, das ist ein Problem. Ein anderes ist der Antisemitismus, den Israelis in Ihrer Partei erleben. Israels Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, möchte ausdrücklich keinen Kontakt zur AfD. Er hat kürzlich in einem Zeitungsgespräch seinen Präsidenten zitiert, der ganz klar gesagt hat, wenn es Leute gibt, die sich demonstrativ proisraelisch darstellen, aber im Kern antisemitisch sind, haben wir keinerlei Interesse an einem Kontakt. Warum will Israels Botschafter von Leuten wie Ihnen nichts wissen?
von Storch: Das ist jetzt eine Politisierung eines schwerwiegenden Problems, und wenn Sie international auch europäische Umfragen betrachten, dann wissen Sie, wo die Probleme herkommen, dann wissen wir, dass Antisemitismus in Europa und auch in Deutschland zuvorderst und zu vorne ganz klar eines ist, das von Muslimen ausgeht, dann …
Heinemann: Warum will Israels Botschafter in Deutschland von Leuten von Ihnen nichts wissen?
von Storch: Lassen Sie mich den Punkt vielleicht ganz kurz zu Ende machen.
Heinemann: Frau von Storch, ich hab gesagt, Leute wie Sie, warum will er von Leuten wie Ihnen nichts wissen, das war die Frage.
von Storch: Dann müssen Sie ihn vielleicht fragen. Wenn bei uns antisemitische Äußerungen getätigt werden, dann folgen Parteiausschlussverfahren, und vielleicht regen wir uns darüber auf, dass der EU-Parlamentspräsident Schulz vor der Knesset gestanden hat und dort die Dinge verbreitet hat, die heute auf der Straße wieder skandiert werden, –
Heinemann: Frau von Storch, sind Sie …
von Storch: …wahrscheinlich, dass die Palästinenser israelische Brunnen vergiften oder Steinmeier –
Heinemann: Frau von Storch, sind Sie als Antisemitismusbeauftragte …
von Storch: …gratuliert zu 30 Jahren iranischer Revolution, also da kann man auch ganz klar Position ergreifen,
Heinemann: Frau von Storch, hören Sie bitte die Frage.
von Storch: …und das wird ungern getan.
Heinemann: Sind Sie als Antisemitismusbeauftrage auch für Vogelschiss zuständig?
von Storch: Zu dieser Äußerung hat sich Herr Gauland selber schon entschuldigend erklärt, das brauchen wir, glaube ich, nicht wieder aufzuwärmen. Ich glaube, wenn ich den Satz zu Ende machen darf, dass wir uns dem Problem …
Heinemann: Nein, bleiben wir bitte bei der AfD. Sie haben eben über den …
von Storch: Genau, darüber will ich gerade reden.
Heinemann: Genau, okay, gerne.
von Storch: Darüber möchte ich gerade reden. Ich möchte gerade darüber reden, dass wir in Relation setzen müssen, eine Äußerung, die geahndet worden ist, eine weitere Äußerung, die erklärt worden ist, zu Massenphänomenen auf Straßen und auf Gefahrenlage, die sich abbilden darüber, dass Menschen in Gefahr sind, und wenn man das jetzt versucht gleichzusetzen oder zu relativieren, glaube ich, wird man dem Problem nicht … Ich glaube, ein großer Teil des Problems…
Heinemann: Sie sind Antisemitismusbeauftragte,
von Storch: – das wir haben …Von Storch: Ursache dieses Problems ist nicht Herr GaulandHeinemann: – deshalb konfrontiere ich Sie jetzt auch mit Aussagen aus Ihrer Partei. Wie wirkt Herr Gaulands Ehrerbietung gegenüber der Wehrmacht auf Juden und Israelis?von Storch: Er hat sich dazu erklärt.Heinemann: Er muss sich ständig erklären.von Storch: Wie bitte?Heinemann: Er muss sich offenbar ständig erklären.von Storch: Er hat sich dazu erklärt. Das ist doch der Punkt. Also wenn wir ein ernsthaftes Problem haben, wir adressieren ein ernsthaftes Problem. Wir stellen in Deutschland fest, dass der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung feststellt, dass das Kippatragen in der Öffentlichkeit er nicht mehr überall öffentlich anraten kann, dann haben wir dort ein Problem, und dann müssen wir fragen, was ist die Ursache dieses Problems, und die Ursache dieses Problems ist nicht, dass Herr Gauland oder irgendjemand anderes in der AfD eine Äußerung getan hat, für die er sich entschuldigt –Heinemann: Das sagen Sie.von Storch: – oder die er erklärt hat.
Heinemann: Bleiben wir bei der AfD: Wie wirkt zum Beispiel Herr Höckes Äußerung einer dämlichen Bewältigungspolitik und seine Forderung nach einer erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad auf Menschen, deren Familien von Deutschen ermordet wurden?
von Storch: Ich verstehe, dass Sie versuchen, das Problem umzudrehen. Auch diese Äußerung…
Heinemann: Nein, ich möchte es erweitern, Frau von Storch …
von Storch: – haben wir kommentiert als unglücklich und als falsch. Das ist geahndet worden. Also diese Äußerungen sind nicht richtig, sie waren falsch, wir haben uns dazu erklärt, aber diese Äußerungen produzieren nicht die Gefahren, die jetzt dazu führen, dass Juden in Deutschland die Kippa nicht mehr tragen können oder sollten an allen Orten, und ich glaube, wir müssen uns einfach ehrlich dem Problem stellen. Ich verstehe, dass Sie versuchen, das Problem umzudrehen, aber das ist genau eines der Ursachen dafür, dass wir das tatsächliche Problem schwierig in den Griff bekommen, weil wir versuchen abzulenken von der ernsthaften Problematik, die wir haben.„Wir werden auf die Probleme aufmerksam machen“
Heinemann: Als Antisemitismusbeauftragte sollten Sie das gesamte Problem überschauen. Als die Auschwitzüberlebenden Anita Lasker-Wallfisch am 31. Januar 2018 eine Rede im Bundestag hielt, verweigerte unter anderem Ihr Parteifreund Hans-Jörg Müller den Applaus. Wie wirkt das auf Juden und Israelis?
von Storch: Ja, so ein Bild wirkt schlecht, aber das täuscht jetzt wiederum darüber hinweg, dass alle anderen, und auch Herr Müller, die Antisemitismusresolution mitgetragen haben und das mitgefordert haben, was wir in der Antisemitismusresolution unterschrieben haben, anders als die Linken, die das nicht tun mit fadenscheinigen Begründungen. Also das heißt, ich glaube, Sie versuchen einzelne Punkte, einzelne Personenverhalten zu extrapolieren und daraus eine Gefahr für Deutschland zu machen, und ich glaube, das ist das Kernproblem, das wir haben, dass wir nicht bereit sind, das Problem zu adressieren. Das Problem von Antisemitismus in Deutschland ist zuvorderst ein muslimisch, ein islamisch geprägtes, und wenn wir nicht bereit sind, darüber zu reden und versuchen abzulenken, dann werden wir das Problem nicht lösen. Wir könnten an der Stelle konkret werden. Wir könnten der UNRWA die Mittel streichen. Wir könnten die Hisbollah verbieten. Wir könnten die BDS tatsächlich klare Kante zeigen.
Heinemann: Das haben Sie gesagt, Frau von Storch.
von Storch: Genau, und das ist das Problem.
Heinemann: Sie haben jetzt ständig versucht, die Äußerungen der AfD kleinzureden. Ist Ihnen jetzt klar, warum für den israelischen Botschafter in Deutschland Leute wie Sie als Heuchlerinnen gelten?
von Storch: Nein, das ist natürlich eine Politisierung. Damit haben wir kein Problem. Das soll gerne so weitergehen. Wir werden die Probleme weiter adressieren, wir werden auf die Probleme aufmerksam machen, und die Probleme in den eigenen Reihen, die gehen wir an mit Parteiausschlussverfahren, mit Ordnungsmaßnahmen. Alles, was Sie bisher zitiert haben, ist damit belegt worden. Insofern glaube ich, dass wir uns da nichts vorwerfen müssen, und das wird uns nicht davon abhalten, die richtigen Forderungen weiter zu stellen, wie das Hisbollah-Verbot, das wir einbringen werden.”